Ermordung des Gewerkschafters Luciano Romero

Luciano Romero ist Arbeiter in der Nestlé-Milchfabrik CICOLAC und Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Sinaltrainal. Er wird am 22. Oktober 2002 zusammen mit acht weiteren Nestlé-Arbeitern nach einem vom Arbeitsministerium als illegal erklärten Streik entlassen. Wegen den anhaltenden Todesdrohungen verlässt Luciano Romero zwischenzeitlich Valledupar. Nach seiner Rückkehr bereitet er sich mit Anwälten auf seine Rolle als Zeuge bei der von MultiWatch organisierten öffentlichen Anhörung vom 29. Oktober 2005 in der Schweiz vor. Am Morgen des 11. September 2005 wird jedoch seine Leiche auf einer Wiese ausserhalb von Valledupar gefunden.

Luciano Romero ist Arbeiter in der Nestlé-Milchfabrik CICOLAC und Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Sinaltrainal. Er wird am 22. Oktober 2002 zusammen mit acht weiteren Nestlé-Arbeitern nach einem vom Arbeitsministerium als illegal erklärten Streik entlassen. Mehr zum Arbeitskonflikt in CICOLAC

Luciano Romero verlässt Valledupar nach seiner Entlassung aus Sicherheitsgründen und ist für ein Jahr in Bogotá. Nach seiner Rückkehr nach Valledupar verdient er sein Einkommen mit Taxifahren und engagiert sich weiter für Sinaltrainal und das Solidaritätskomitee für politische Gefangene. Wegen den anhaltenden Todesdrohungen wird Luciano Romero in zwei verschiedene Schutzprogramme aufgenommen und verlässt Kolumbien zwischen November 2004 bis April 2005. Nach seiner Rückkehr bereitet er sich mit Anwälten auf seine Rolle als Zeuge bei der von MultiWatch organisierten öffentlichen Anhörung vom 29. Oktober 2005 in der Schweiz vor. Am Morgen des 11. September 2005 wird jedoch seine Leiche auf einer Wiese ausserhalb von Valledupar gefunden. «Wir wussten, wo wir suchen mussten», sagt sein Gewerkschaftskollege Alfonso Barón. «Die Paramilitärs haben dort öfters Leichen abgelegt.» Romero war mit fünfzig Messerstichen langsam zu Tode gefoltert worden.

Die Verantwortung von Nestlé
Der Fall Luciano Romero ist insofern ein besonderer, weil vier ehemalige Paramilitärs, die den Gewerkschafter in der Nacht des 10. September 2005 entführt und dann zu Tode gefoltert hatten, in den Jahren 2007 bis 2009 zu Haftstrafen von bis zu vierzig Jahren verurteilt werden. Dies in einem Land, in dem über neunzig Prozent solcher Mordfälle in Straflosigkeit enden. In einem dieser Urteile heisst es, dass diese kleinen Schergen die Tat unmöglich von sich aus hätten begehen können. Geplant und finanziert hätten sie andere. Richter José Nirio Sánchez weist deshalb die Staatsanwaltschaft schriftlich an, «gegen führende Manager von Nestlé-CICOLAC zu ermitteln, um ihre wahrscheinliche Beteiligung und/oder Planung und Finanzierung des Mordes am Gewerkschaftsführer Luciano Enrique Romero Molina aufzuklären». Die Ermittlungen wurden bis heute nicht ernsthaft aufgenommen. CICOLAC wird jedoch 2007 vom letzten höchsten Chef der AUC – Salvatore Mancuso – belastet, der bei zwei verschiedenen Gelegenheiten, ohne nach konkreten Firmen gefragt zu werden, CICOLAC als einer der Geldgeber der Paramilitärs angibt. Gemäss Menschenrechtsanwalt Alirio Uribe ist in Kolumbien mehr als die Feststellung, dass die Firma von einem Mord profitiert, so gut wie nie möglich.

Klage gegen Nestlé
Am 5.3.2012 reicht das European Center für Constitutional and Human Rights (ECCHR) zusammen mit der kolumbianischen Gewerkschaft Sinaltrainal bei der Staatsanwaltschaft Zug Strafanzeige wegen Unterlassung gegen Nestlé und fünf der (ehemaligen) Führungsmitglieder des Schweizer Konzerns ein. In Zug befindet sich einer von mehreren Firmensitzen des Konzerns. Gegenstand der Anzeige ist die Rolle des Unternehmens und der Direktoren bei der Ermordung des kolumbianischen Gewerkschaftsführers Luciano Romero im Jahre 2005.

Die zunächst zuständige Staatsanwaltschaft Zug gibt das Verfahren jedoch an die Staatsanwaltschaft im Kanton Waadt ab, wo Nestlé einen weiteren Unternehmenssitz hat. Dagegen wird am 25.6.2012 Beschwerde eingelegt. Das Bundesstrafgericht bestätigt jedoch am 14.11.2012 die Zuständigkeit der Waadtländer Staatsanwaltschaft. Am 1. Mai 2013 fällt die Waadtländer Justiz den Entscheid, wegen Verjährung nicht auf die Klage einzutreten, das Waadtländer Kantonsgericht bestätigt diesen Entscheid nach Rekurs der Anwälte am 3. Dezember 2013. Das ECCHR und die Witwe von Luciano Romero ziehen das Verfahren im Januar 2014 ans Bundesgericht weiter. Dieses lehnt die Klage am 31. Juli 2014 ebenfalls ab. Am 18. Dezember 2014 legt das ECCHR für Romeros Witwe beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg Beschwerde gegen die Schweiz ein und verlangt, dass in diesem Fall ermittelt werden muss. Der EGMR entscheidet im März 2015, diese Beschwerde nicht anzunehmen. Gegen diese Entscheidung, die nicht begründet wurde, ist keine Beschwerde möglich – damit ist auch der Rechtsweg in Europa im Fall Nestlé/Romero erschöpft.

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